März 2019 – Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück – welche Rechte stehen Mieter und Vermieter zu?
Auf dem Nachbargrundstück meiner Liegenschaft ist seit zwei Monaten eine Gebäudesanierung im Gange. Nun verlangt einer meiner Mieter eine Mietzinsherabsetzung, weil er sich vom Lärm und Schmutz der Baustelle gestört fühlt – zu Recht? Und: Kann ich gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks vorgehen?
Die Einschätzung unseres Rechtsanwalts und Notars Andreas Meier, die er im Seetaler Bote vom März 2019 publizierte, finden sie hier.
Immissionen vom Nachbargrundstück stören nicht nur das Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden, sie können rechtlich auch einen Mangel des Mietobjekts darstellen und dem Mieter ein Recht auf Herabsetzung des Mietzinses einräumen. Einen Mangel begründen jedoch nur jene Immissionen, zufolge derer die Mietsache nicht mehr vertragsgemäss gebraucht werden kann oder eine zugesicherte Eigenschaft nicht mehr aufweist.
Das Recht auf Mietzinsreduktion besteht auch bei rechtmässigen Immissionen, wenn die Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück also bewilligt wurden und die gesetzlichen Vorschriften (wie z.B. Ruhezeiten) eingehalten werden. Keine Rolle spielt darüber hinaus, dass die Ursache für die Beeinträchtigung ausserhalb Ihres Einflussbereichs als Vermieter liegt. Allerdings hat der Mieter die Art und den Zeitraum der Immissionen aufzuzeigen und darzulegen, inwiefern dadurch der Gebrauch der Mietsache konkret beeinträchtigt wird. Gesetzlich definierte Lärmgrenzwerte sind hier irrelevant.
Der Herabsetzungsanspruch beginnt im Zeitpunkt, in dem der Vermieter Kenntnis vom Mangel erlangt, und dauert bis zur Beendigung der Beeinträchtigung oder des Mietverhältnisses. Doch um wie viel ist der Mietzins effektiv zu senken? Das Mass der Mietzinsherabsetzung richtet sich nach dem individuellen Wertverlust des Mietobjekts aufgrund der Immissionen. Auch, ob das Bauprojekt im öffentlichen Interesse liegt, ist massgebend, da die Mieter dann nämlich auch vom Bauvorhaben profitieren. In der Praxis sind Reduktionen von 5 - 10% üblich, in Einzelfällen wurden schon 25 - 30% zugesprochen.
Entschädigungsanspruch aus dem Nachbarrecht?
Können Sie als Vermieter nun vom Eigentümer des Nachbargrundstücks eine Entschädigung für den Mietzins-Ausfall fordern? Für nachbarrechtliche Schadenersatzansprüche gelten leider strengere Voraussetzungen als für eine Mietzinsreduktion. Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Bauarbeiten stattfinden, hat dem Nachbar nämlich nur Schadenersatz zu leisten, wenn die durch die Baustelle verursachten Immissionen von einem "Durchschnittsmenschen" als übermässig empfunden würden. Das Bundesgericht verlangt hier gravierende Immissionen während eines längeren Zeitraums, welche die normale Benutzung des Grundstücks in schwerer Weise stören und einen beträchtlichen Schaden verursachen.
Zusammengefasst müssen Sie Ihrem Mieter eine Mietzinsreduktion gewähren, ohne diesen finanziellen Schaden auf den Bauherrn/Nachbarn abwälzen zu können.